Transaltlantik und Neuengland Kreuzfahrt mit der
Ms Norwegian Jewel im September 2005



Gesamter Inhalt: Kreuzfahrt Reiseberichte


1. Norwegian Jewel, Transatlantik – „Path of the Vikings“

Kreuzfahrt vom 04. bis 14.09.2005:

London/Dover – Cobh/Irland – Reykjavik/Island – St. John´s/Neufundland – Newport/Rhode Island – New York

Die erst wenige Wochen zuvor in Dienst gestellte "Norwegian Jewel" ist voll ausgebucht. Transfer von London nach Dover und das Einchecken verlaufen problemlos. Unsere Innenkabine (knapp 13 m²) ist zweckmäßig eingerichtet und bietet für 2 Personen ausreichend Platz. Die Crew ist hier und da noch nicht ganz eingespielt, aber immer freundlich und zuvorkommend. Ein besonderes Lob gebührt hier dem Housekeeping-Personal. Auch die Sauberkeit auf dem Schiff ist vorbildlich. Da das Schiff so neu ist, knarrt und knirscht es bei stärkerem Seegang noch an vielen Stellen.

Das Essen in den insgesamt zehn Restaurants ist durchweg sehr gut, für den europäischen Gaumen gelegentlich zu lasch gewürzt. Nur beim Zubereiten des Gemüses erkennen wir Defizite: wir mögen nun mal z.B. keine halbgaren Kartoffeln. Von dem viel gescholtenen schlappen amerikanischen Kaffee merkt man hier nichts: die WMF-Kaffeeautomaten an Bord lassen keine Wünsche offen: Kaffee, Espresso, Milchkaffee, Cappuccino – mit und ohne Koffein – schmecken ausgezeichnet und sind „inklusive“, ebenso wie Eiswasser, Tee in verschiedensten Sorten und Trinkmilch. Alle anderen Getränke an Bord sind extra zu zahlen – teilweise zu beachtlichen Preisen. Hat den Vorteil, dass wir an Bord nur ganz selten betrunkene Gäste erleben. NCL bietet übrigens ein „Sodaprogramm“: für knapp 60,- Dollar pro Person kann man während der ganzen Reise Softdrinks nach Belieben trinken, wobei Mineralwasser leider ausgenommen ist. Die viel genutzte Möglichkeit, in den Bedienrestaurants Plätze – sogar für die gesamte Reisedauer – vorzubuchen, schränkt das „Freestyle Prinzip“ etwas ein und führt häufig zu Wartezeiten, wenn man sich spontan entscheiden möchte. Generell gibt es aber ausreichend Platz und Ausweichmöglichkeiten – hungern muss hier wirklich niemand. Die Wein-Kenntnisse einiger – nicht aller – Kellner halten sich auch in Grenzen und beschränken sich auf die Farben Rot, Rosé und Weiß. Die Kleiderordnung für das Abendessen – leger oder festlich – wird in der täglichen Bordzeitung vorab angekündigt und von den Gästen auch beachtet – außer gelegentlich in den Selbstbedienungsrestaurants.

Wetterbedingt werden die Pool- und Sonnendecks wenig genutzt, ebenso die Outdoor-Sportstätten. Wenn alle Gäste unter Deck bleiben, werden die Plätze in den – stilvoll eingerichteten – 15 Bars und Lounges schon mal knapp. Insbesondere weil auch häufig ganze Räumlichkeiten für Privat-Veranstaltungen gesperrt werden. Das Spielcasino, sowie Bingo-, Bridge-, Scrabble- und ähnliche Veranstaltungen haben bei dieser Witterung enormen Zulauf. Die abendlichen Showveranstaltungen der „Jean Ann Ryan Company“ sind sehenswert und die Leistungen der Akteure beachtlich, insbesondere beim „Cirque Bijou“. Meist finden pro Abend zwei Veranstaltungen statt, um im „nur“ 1.200 Plätze fassenden Theater allen 2.400 Gästen die Möglichkeit zum Besuch zu geben. Andere Veranstaltungen (z.B. Komiker) sollte man sich nur dann antun, wenn man der englischen Sprache wirklich mächtig ist. Von Nachteil ist, dass bei diesen Shows strikt alle Film- und Tonaufnahmen untersagt sind und tatsächlich auch unterbunden werden. Andererseits fertigt man kein bordeigenes Reisevideo an – wie z.B. auf AIDA – um es den Gästen als Videoband oder DVD zum Kauf anzubieten – eine echte Marktlücke für NCL. Bei anderen Aktivitäten an Bord halten wir uns zurück, da die Quiz-Shows u.ä. doch sehr an die überzogenen amerikanischen Fernsehserien erinnern und nach unserem Geschmack die Schmerzgrenze deutlich überschreiten. Auch die insgesamt drei Bands und weitere Künstler an Bord bieten hochwertige Unterhaltung. Tanzfreudige Gäste kommen hier, großzügigen Tanzflächen in Spinnaker- und Fyzz-Lounge, voll auf ihre Kosten. Es werden zudem Tanzstunden gegeben, einem Tanzpaar der von absoluten Spitzenklasse – leider aber nur an zwei Tagen.

Die Angebote in den Shops sind gut und umfassen nicht allein Souvenirs und Schmuck. Die Fotografen an Bord leisten qualitativ hochwertige Arbeit – zu entsprechenden Preisen. Hier kann man seine digitalen Fotos übrigens auch vom Chip auf CD-ROM brennen lassen (je 15,- $). Das schafft freie Kapazitäten für die nächsten Fotosafaris.

Bordsprache ist Englisch. Für die gut 660 deutschsprachigen Gäste - von denen viele keine Englisch sprechen -  sind eine deutsche und eine rumänische Hostess mit ausgezeichneten Sprachkenntnissen zuständig. Die Lautsprecherdurchsagen erfolgen in Deutsch und Englisch. Leider „vergisst“ man dabei manche wichtige Information (z.B. über die Verschiebung der Ausschiffungsformalitäten), während andererseits jede Bingoveranstaltung, Ladenöffnungszeiten, Kunstauktionen u. ä. in penetranter Weise bis in die letzten Schiffswinkel verkündet werden.

Ausflüge werden in großer Auswahl angeboten, wobei die Preise akzeptabel und meist auch angemessen sind. Die Organisation ist gut, bis auf die Tatsache, dass die deutschsprachigen Gäste, welche ihre Ausflüge bereits vorab online gebucht haben, nicht automatisch den angebotenen deutschsprachigen Ausflügen zugeteilt werden, sondern sich nun selbst darum bemühen und umbuchen müssen. Den Hafen von St. John´s können wir aufgrund anhaltend schweren Seegangs nicht anlaufen. Schwerer Seegang lässt sich auf diesem mit Stabilisatoren ausgerüsteten Schiff problemlos aushalten, insbesondere wenn man zusätzlich auf die verblüffende Wirkung der hinters Ohr zu klebenden Pflaster gegen Seekrankheit vertraut. Da schmeckt das Essen auch noch bei Windstärke 10 bis 11.

Das Sportangebot an Bord ist nicht so berauschend, hängt aber auch vom Wetter ab. Aerobic schon um 08:00 Uhr jeden Morgen muss nicht sein, insbesondere wenn die Stunde nur eine halbe ist und der Trainer wenig Motivation und Kompetenz erkennen lässt. Viele andere Angebote müssen zudem extra bezahlt werden. Die Gepflogenheit bei NCL, vom Bordkonto automatisch pro Person und Reisetag eine so genannte „Servicepauschale“ in Höhe von 10,- US-Dollar abzubuchen, nimmt vielen Gästen den sonst ständig nagenden Gewissenskonflikt, wem man wann welches Trinkgeld in welcher Höhe zukommen lässt. Wer aber Trinkgelder direkt und gezielt geben möchte, muss diese „Servicepauschale“ nicht akzeptieren, und auf Verlangen wird die Schlussabrechnung korrigiert.

Fazit: ein qualitativ hochwertiges und großzügiges, in allen Details durchdachtes und gelungenes Kreuzfahrtschiff, ein durchaus akzeptables Preis-Leistungs-Verhältnis auch für den Geldbeutel eines Normaltouristen, und eine Reise, welche wir mit nur geringen Abstrichen guten Gewissens weiter empfehlen können. Grundkenntnisse in Englisch sollten vorhanden sein.


2. Norwegian Jewel, Kanada und Neuengland

Kreuzfahrt vom 18. bis 29.09.2005:

New York – Boston/Massachusetts – Bar Harbor/Maine – Halifax/Nova Scotia – Quebec City/Kanada – Sydney/Nova Scotia – Saint John/New Brunswick – New York

Nachdem wir vier Tage auf eigene Faust in New York verbracht und so viel wie eben möglich unternommen haben, schiffen wir wieder auf der „Norwegian Jewel“ ein, welche zwischenzeitlich im Hafen von New York ihre offizielle Schiffstaufe gefeiert hat. Das Chaos am Pier 88 ist vorprogrammiert, da insgesamt fünf Kreuzfahrtschiffe dort liegen, darunter auch das Schwesterschiff „Norwegian Dawn“ und die kleinere „Norwegian Crown“. Beide NCL-Schiffe laufen mit unserem zusammen aus für neue Werbeaufnahmen vor dem Hintergrund der Freiheitsstatue bzw. Manhattan-Skyline.

Eigentlich gehören wir ja nun zu den „Latitudes“ (Mehrfach-Kreuzfahrer bei NCL), zu deren Vergünstigungen u.a. auch ein bevorzugtes Einchecken gehören soll. Tatsächlich landen wir wie alle anderen Gäste an einem von ca. 40 bis 50 Eincheck-Schaltern, an dem ausgerechnet eine absolute Anfängerin steht, die ihre Unkenntnis dann auch noch mit Ignoranz und Arroganz garniert. Kein schöner Anfang. An Bord kennen wir uns ja schon aus und haben uns schnell eingerichtet. Auffällig ist, dass auf dieser Reise der Altersdurchschnitt der Gäste erheblich höher ist als auf der Transatlantik-Tour. Wir schätzen vorsichtig das Durchschnittsalter auf 65 Jahre. Jüngere Gäste (unter 40) ohne Hörgerät, Gehstock, Rollator oder Rollstuhl werden hin und wieder für Crewmitglieder gehalten. Es spricht auf jeden Fall für dieses Schiff, dass es ganz offensichtlich alten- und behindertengerecht konstruiert ist. Auch ist das Personal schnell und bereitwillig zur Stelle, wenn es gilt, einem Gast mit Handicap zu helfen.

Diesmal sind gut 100 deutschsprachige Gäste an Bord, darunter zwei Reisegruppen. Auch unsere deutschsprachige rumänische Hostess ist wieder mit von der Partie. Auf die abendlichen Shows verzichten wir auf dieser Reise, da es sich um Wiederholungen der Vorführungen unserer Transatlantik-Tour handelt. Eine Ausnahme machen wir nur bei der Vorstellung „Cirque Bijou“, ein absolutes Muss. Unsere sonstigen Eindrücke vom Schiff und Personal stimmen im Wesentlichen mit den Erkenntnissen der Transatlantik-Tour überein. Geärgert hat uns, dass eine Mitarbeiterin an der Rezeption – als wir einen Tisch für den Abend in einem Restaurant reservieren wollen – ziemlich herablassend bemerkt, dies sei bei „Freestyle Cruising“ nicht erforderlich, dann aber kleinlaut – als wir darauf bestehen – zugeben muss, dass bis 21:30 Uhr schon alles reserviert und kein Tisch mehr frei ist.

Das Ausflugsangebot ist auch wieder umfangreich und generell preislich in Ordnung – vielleicht mit Ausnahme von St. John. Zumal die dort angebotene Kajaktour, auf die wir uns auf dieser Reise am meisten gefreut hatten, mangels Beteiligung ausfällt. Viele Reisende äußern sich negativ über die sonstigen dort durchgeführten Touren, und die Stadt selbst ist offensichtlich auch nur auf Kreuzfahrt-Tourismus eingestellt. Deutschsprachige Touren werden auf dieser Reise nicht angeboten, und man sollte sich darauf einstellen, dass das American-English der Tourguides, deren Muttersprache auch schon mal Spanisch oder Französisch sein kann, nicht immer leicht zu verstehen ist. Ein absolutes Highlight dieser Reise ist Quebec mit seinem historischen Stadtkern. Enttäuschend fallen auch unsere zwei gebuchten Walbeobachtungstouren aus in Bar Harbor (fiel aus aufgrund schlechten Wetters) und Halifax (weit und breit kein Wal). Von Bord der „Norwegian Jewel“ bekommen wir mehrmals Wale von weitem zu sehen, in einem Fall auch näher: Beluga-Wale im St. Lorenz Strom (Kommentar einer deutschen Mitreisenden: „die kommen hierher zum laichen…“ – aua!).

Die abendlichen Musik- und Tanzveranstaltungen werden sehr gut besucht, zumal sich an Bord auch eine Gruppe des amerikanischen Reiseveranstalters „Dancers at Sea“ befindet, welcher jedes Jahr eine Reihe von Kreuzfahrten für Tanzfreudige auf verschiedenen (geeigneten) Kreuzfahrtschiffen weltweit anbietet. Die Tanzmusik der „Norwegian Jewel Show Band“ und der „Ironics“ ist hervorragend.

Was uns auf dieser Reise überaus positiv auffällt und gefällt, ist das offene und freundliche, zum Teil sehr herzliche und völlig neidfreie Entgegenkommen unserer amerikanischen Mitreisenden, von denen wir ausnahmslos eine positive Einstellungen gegenüber uns Deutschen erfahren, zumal auch sehr viele schon Urlaube in Deutschland verbracht oder dort Verwandte haben. Als Mangel empfinden wir es, auf diesen beiden Reisen nachrichtentechnisch fast völlig von der Außenwelt abgeschnitten gewesen zu sein. Der einzige Nachrichtensender des Bord-TV bringt fast zu 100% nur Informationen aus den USA (und Irak). Vom Ergebnis der Bundestagswahlen in Deutschland z.B. erfuhren wir ausschließlich aus Telefonaten zwischendurch mit Verwandten zuhause. Auf AIDA beispielsweise (Transasia-Tour) gehörte es zum Bordservice, täglich die wichtigsten Nachrichten aus der Heimat kurz zusammenzuschreiben, dieses DinA4 Blatt zu vervielfältigten und mit der Bordzeitung auf die Kabinen zu bringen. Dies als Anregung für NCL.

Die Ausschiffung in New York ist ausgezeichnet organisiert – bei 2.400 Passagieren sicherlich keine leichte Aufgabe. Die Einreiseformalitäten sind auch recht zügig abgewickelt. Gewöhnungsbedürftig ist für uns, dass dabei ein Lichtbild und die Prints beider Zeigefinger eingescannt werden (was bei unserer ersten Einreise in die USA vor zwei Wochen eigenartigerweise nicht gemacht wurde). Auch der Transfer mit Bussen zu den verschiedenen Flughäfen ist exzellent durchorganisiert.

Fazit: Das gleiche wie schon bei der Transatlantik-Tour. Auch diese Reise können wir empfehlen, wobei wir in diesem Fall jedoch meinen, dass gute Englischkenntnisse bei dieser Tour nicht nur wünschenswert, sondern Voraussetzung sein sollten.




© Bernd Naber