Fünf Tage auf der Ms C. Columbus


Gesamter Inhalt: Kreuzfahrt Reiseberichte


27.7.-1.8.2004  Nordseekreuzfahrt:  Cuxhaven-Dover-Zeebrugge-Helgoland-Cuxhaven
Kabine 302, Kat. 10, Deck 3 außen vorne. 420 Paasagiere, voll ausgebucht.
Preis:  € 140,-/Tag

Am 27. Juni 2004 besichtigten wir in Kiel die MS Europa von Hapag-Lloyd Kreuzfahrten und sahen ein Megaschiff mit einem guten Service. Wir entschieden  uns am nächsten  Tag,  auf dem Hapag-Lloyd- Schiff MS c.Columbus eine Schnupperkreuzfahrt auf der Nordsee zu buchen. Diese wurde jedoch nicht von Hapag-Lloyd, sondern von dem Subcharterer Cruise&Ferry aus Cuxhaven durchgeführt. Ein Umstand, der sich später noch als großes Manko dieser Kreuzfahrt (?) erweisen sollte.
Am Nachmittag eines wunderschönen Sommertags wurden wir in den aufwändig und detailliert restaurierten HAPAG-Hallen in Cuxhaven begrüßt. Mir ging dabei durch den Kopf, mit welchen Gefühlen, Hoffnungen und Erwartungen wohl hunderttausende Auswanderer bis in die sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts in diesen Hallen zum letzten Mal europäischen Boden unter ihren Füßen hatten, als sie die Heimat hinter sich ließen und in die Neue Welt aufbrachen. Ganz anders war unsere Stimmung. Wir würden in fünf Tagen wieder hier sein und hofften nur, dass das Wetter so herrlich  bleiben möge und wir ein  paar schöne Tage genießen  könnten. Ein Cuxhavener  Shantychor stimmte die Reisenden,  von  denen mich viele an die Teilnehmer einer Rentnerbutterfahrt erinnerten, bei einem Glas Sekt auf die bevorstehenden Tage ein. Die Veranstalter nutzten die Gelegenheit nach der Begrüßung der Gäste, den Kapitän Ralf Zander und die Kreuzfahrtdirektorin vorzustellen..

Danach begann man mit dem Einschiffen. Nach dem obligatorischen Begrüßungsfoto wurden die Check-In-Formalitäten überraschenderweise durch die Rezeption im Schiff vorgenommen, wobei sich natürlich längere Warteschlangen bildeten. Die Wartezeit wurde jedoch durch die Verteilung feuchter, nach Kräutern duftender Waschlappen erleichtert. Dann konnten  wir von  unserer Kabine, die genau mittschiffs vorne ­ unterhalb der Brücke ­ lag,  beziehen. Mit 15 qm ist sie  sehr geräumig, modern möbliert, hat ein bequemes Doppelbett, eine Sitzecke mit zwei Sesseln, einen Fernsehapparat mit drei deutschen TV- und zwei Videoprogrammen, ein Telefon, einen großen Kleiderschrank und ein ausreichend großes, gut eingerichtetes Bad mit Dusche. Bedingt durch die Lage der Kabine hat sie kein großes Fenster, sondern nur drei Bulllaugen, die man nachts mit Klappen verschließen muss, damit  man  die Vorhänge  zuziehen  kann. Außerdem gibt es in der Kabine keine Möglichkeit, die Koffer  zu verstauen. Ein  weiterer Nachteil  dieser Kabine besteht ­ wie bei  allen Bugkabinen ­ darin, dass man jeden Morgen beim Einlaufen in die Häfen von  den Bugstrahlrudern geweckt wird. Hat man dies noch  überstanden, wird man endgültig von dem  Krach der Winschen beim Anlegemanöver  aus dem Schlaf gerissen, was durchaus auch manchmal beim  Einlaufen  interessanter Häfen seine Vorteile hat. So konnten wir die großartige Aussicht auf die Weißen Klippen von  Dover genießen. Nach dem Auslaufen wurde die Sicherheitsübung absolviert. Danach sahen wir uns auf dem Schiff um und inspizierten die öffentlichen Räume: Auf Deck 1, ganz unten im Innenbereich des Schiffes, befinden  sich auf beengtem Raum die Sauna, der Friseur und ein  Fotoshop. Die Sauna ist sehr klein und wenig einladend, so dass wir sie nie  aufgesucht haben, ganz  im Gegenteil zu größeren Schiffen, bei denen man häufig von der Sauna das Meer bewundern kann.
Deck 2 umfasst nur Innen- und Außenkabinen. Auf Deck 3 findet man neben den Kabinen die Rezeption, das Ausflugsbüro, einen Computerraum, von wo zu jeder Zeit  kostenfrei E-mails verschickt werden können, und das helle, freundliche, in einzelne Sitzgruppen unterteilte Restaurant, in dem in einer  Sitzung das Abendessen eingenommen wird. Der Service wird im Gegensatz zu vielen anderen deutschen Kreuzfahrtschiffen überwiegend von deutschen Servicekräften durchgeführt. Das macht es zwar für Hapag-Lloyd teurer, aber die Bedienung wird dadurch nicht besser. Während das Essen 4-5 Sterne verdient, ist der Service deutlich schlechter und entspricht nur der 3-Sterne-Bewertung des Schiffes. Wer mag,  kann hier auch sein Frühstück und das Mittagessen einnehmen. Wir haben jedoch bevorzugt auf Deck 6 im Palmgarten oder auf dem Pooldeck im  Freien gefrühstückt und geluncht. Auf Deck 4 findet man die etwas unglücklich gestaltete Lounge mit Bühne, Tanzfläche  und einer Bar. Sie bietet nur einem kleineren Teil der Passagiere freien Ausblick auf die Bühne, was auf dieser Reise aber auch kaum störte, denn außer einem Begrüßungscocktail fand auf dieser Reise auf der Bühne  nichts statt, keine Shows, keine Unterhaltung außer einem abendlichen Tanzorchester, das besser erst an Land die Noten und einen erträglichen Gesang hätte üben sollen. Als ein Lektor Informationen über England, Belgien, Helgoland und die Ausflüge gab, konnten nur  wenige Besucher der Lounge die Dias uneingeschränkt sehen. Wegen der fehlenden Tages- und Abendunterhaltung haben wir uns gefragt, ob wir uns eigentlich auf einer Kreuzfahrt oder doch eher auf einer Fährüberfahrt befinden.
Auf Deck 5 haben der Kapitän  und die Offiziere  ihr  Reich. Kapitän Ralf Zander lud zu kostenlosen, einstündigen Brückenbesichtigungen ein, die  so humorvoll und kurzweilig waren, dass alle Besucher, selbst die technisch und nautisch Uninteressiertesten, begeistert und mit zahlreichen neuen Informationen die Brücke verließen. Es ist wirklich  sehr schade, dass auf vielen anderen Schiffen heutzutage wegen  der Größe der Schiffe und übertriebener Ängste die Brücke geschlossen bleibt. Frage: „Wer steuert eigentlich das Schiff, wenn der Kapitän beim Captains Dinner ist?“ Antwort Kapitän Zander: „Die Friseurin, die kennt sich ja am Besten mit Wasser und Wellen aus!“ Im hinteren Bereich auf Deck 5 befinden sich eine Bibliothek mit  TV, Shops, die unvermeidliche Fotogalerie und eine Weinstube. Zusätzlich kann man sich achtern auf dem Außendeck, das mit blauen Kunststoffmatten belegt ist, auf Sonnenliegen ausruhen und den Meeresblick genießen. Auf Deck 6 befindet sich das Sonnendeck,  der Poolbereich, ein kleiner Fitnessraum mit  freier Sicht aufs Meer ­ hier hätte man sich auch die Sauna gewünscht ­ und die schönste Lounge auf dem Schiff, der Palmgarten, wo das Frühstücks- und Mittagsbüffet eingenommen werden  kann. Vor dem Palmgarten  liegt dann noch ein Balkon mit  freier Bugsicht.

Bei herrlichem, sommerlichem Wetter starteten wir  unsere Tour, konnten den  Abend an Deck und bei einem Absacker im Palmgarten, wo Joe Diamond sein Keybord erklingen ließ, verbringen und sahen nach wenigen Stunden Helgoland an Steuerbord im Sonnenuntergang vorüber ziehen. Zum Abschluss des Tages tanzten wir dann noch ausgiebig zu den Klängen der gräuslichen „Allegro Band“. Der zweite Tag war ein heißer Seetag bei 1-2 Bft. und einer Wellenhöhe von  unter einem halben Meter, also so ruhig wie auf der Alster. Das Schiff tuckerte mit 9,5 kn Dover entgegen. Wir hatten ja viel Zeit, da es nur 345 sm waren, und wurden von  jedem Frachter überholt. Zu Mittag gab es ein leckeres BBQ auf dem Pooldeck und vor dem Abendessen einen Kapitänscocktail, bei dem  Kap. Ralf Zander uns mit launigen  Worten seine Offiziere vorstellte.
Die weiteren Tage blieben  ebenfalls so ruhig und warm, wie unsere Fahrt begonnen hatte, und am dritten Tag tauchten  plötzlich aus dem Nebel die Kreidefelsen  von Dover auf. Mit uns im Hafen lag die „Black Watch“ von Fred. Olsen, einem Schwesterschiff der neuen  „Albatros“ von Phoenix Reisen. Wir unternahmen auf eigene Faust einen  Spaziergang von dem wunderschön restaurierten Cruiseterminal, einem ehemaligen Bahnhof, zum Dover Castle, einem mittelalterlichem Schloss,  hoch oben auf den Klippen. Dort schlossen wir uns zuerst einer Tour durch die unterirdischen Geheimgänge an, deren Anfänge auf die Abwehr gegen Napoleon  zurück gehen, die dann im II. Weltkrieg umfangreich ausgebaut wurden und von wo aus 1940 die Evakuierung von über 330 000 Soldaten aus Dünkirchen geleitet wurde. Danach besichtigten wir das riesige Schloss Heinrich II.

Am nächsten  Tag war eigentlich geplant nach einer Fahrt über den Englischen Kanal, durch  die Westerschelde und einen  Kanal direkt nach Gent zu fahren, was Kreuzfahrtschiffe sehr, sehr selten  machen. Leider wurde dies durch Brückenbauarbeiten verhindert. So  verbrachten wir die Nacht auf der Meerenge, um morgens zusammen mit der MS Constellation von Celebrity, unserem letzten Kreuzfahrtschiff,  in den Hafen von Zeebrugge einzulaufen. In zwölf Minuten  fuhren wir mit der Vorortbahn nach Brügge, um  den Tag in dieser herrlichen, prunkvollen alten Kaufmannsstadt zu  verbringen.
Nach einer ruhigen Nacht und einem halben Seetag legten wir die  285 sm nach Helgoland zurück, wo wir am Nachmittag ein wenig shoppen  gingen, während die 5000 Tagesgäste zu ihren  Schiffen zurück eilten. Nach dem  Abendessen machten wir uns noch einmal zum Oberland auf, umrundeten die Insel und genossen zum Abschied einen typischen Helgoländer Eiergrog. Beim Abschlussessen empfanden wir es als nette Geste, dass wir von dem Bedienungspersonal als Dank für das Trinkgeld die persönlich signierten gesammelten Speisekarten überreicht bekamen. Für die Helgoländer Spaziergänger war es sensationell, nach einer Woche schon wieder ein Hapag-Schiff im  Hafen zu sehen. Eine Woche zuvor war nämlich die MS Europa zum wiederholten Mal auch Helgoland angelaufen. So wurden auch wir exklusiv von Kurdirektor auf der Insel begrüßt. Um 24°° Uhr verließen wir die Reede vor  Helgoland, um die letzten 54 sm in sechs Stunden  nach Cuxhaven zurück zu legen, wo nach einem letzten Frühstück auf dem Pooldeck die reibungslosen  Ausschiffungsformalitäten begannen .

Pros und Cons:
+ Super  Kapitän, der auch als Alleinunterhalter arbeiten  könnte
+ kleines, modernes Schiff
+ niedrige Getränkepreise (z.B.: Cappuccino 1,-; Becks-Bier 1,50; Metaxa 2,60; Cocktail ab 2,30; Schoppen Wein 3,10)
+ Hervorragendes Essen (mind. 4 Sterne); 6 Gänge; Auswahl aus fünf Gerichten; zusätzlich: Vegetarisch

- Laute Maschinen  (hoher Geräuschpegel auf Deck 5 achtern)
- Starke Vibrationen und laute Geräusche im Restaurant
- Untalentierte Kreuzfahrtdirektorin
- Deutsche Servicekräfte, die noch einiges zu Lernen haben
- Der Charterer Cruise&Ferry bot kein Tages-, Sport- und Abendunterhaltungsprogramm an



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